Ich grüße Euch, Kämpfer von "Vidars Brut". An anderer Stelle hier im Forum habe ich ja schon einmal kurz erläutert, wer oder was "Vidar" eigentlich war. Hier nun habe ich mir erlaubt, das ganze mal ineinem längeren und ausführlicheren Zusammenhang darzustellen. Ich hoffe, dass mir den Namen nicht allzuviele Fehler passiert sind - ist sogar für einen Schleswig-Holsteiner wie mich ungewohnt.
Mir ist klar, dass ich den Aspekt der "Menschen" bei Ragnarök stark vernachlässigt habe - da es mir in erster Linie um Vidar und seine Asen (Götter) geht, ist dieser Umstand pure Absicht.
Besonders danken möchte ich auch Themistokles und Fenris Mjöllnir für Ihre Beiträge zu diesem Thema.
Ich hoffe, Ihr habt Spaß am lesen!
Mit kammeratschaftlichem Gruß
Atermortuus
Ragnarök
Balder hatte schon viele unverheißungsvolle Träume gehabt, doch dieser eine, den er soeben durchlebt hatte, übertraf alles und beunruhigte ihn sehr. Es handelte sich in diesem Traum einmal mehr um ihn selbst und seine Feinde:
Der Fenriswolf rasselte mit seinen Ketten und versuchte mit aller Kraft ihnen zu entrinnen. Er wehrte sich so sehr gegen das ihn fesselnde Band, das die Berge wankten und der Boden erzitterte. Mit einem Mal zersprangen die Ketten und der eine Weltfeind war frei. Er stürmte los und rannte Odin entgegen. Daraufhin sperrte er sein Maul auf, sodass der Unterkiefer auf dem Boden ruhte und der Oberkiefer hoch oben in den Himmel ragte.
Balder kam hinzu doch Feinde stellten sich gegen ihn. Keine Riesen, keine Wölfe, kein böses Wesen oder gar einer der Weltfeinde bedrohte ihn. Es waren die eigenen Freunde! Asen und seine engsten Verbündeten bewarfen ihn mit ihren Waffen.
Balder war so aufgewühlt, dass er seinen Traum den Göttern schilderte. Auch sie beunruhigten die Nachrichten in großem Maße. Wenn schon der Sohn Odins von diesen schrecklichen Ereignissen träumte, konnte sie nichts Gutes erwarten.
So entsandte man Balders Vater, den Vordersten aller Götter, zur Hel in das Totenreich. Da Odin den Weg kannte war er schon bald angekommen und sprach mit der Seherin Völva. Sie prophezeite, dass Höd, der blinde Ase, Odins Sohn töte und Balder durch den später von Odin gezeugten Vali gerächt würde. So ritt der Asengott auf Sleipnir zurück nach Asgard.
Nach weiteren Tagen träumte Balder erneut von seinem Tod. Kurz darauf knickte sein stolzes Pferd um und humpelte nur noch zurück. Dies waren schlechte Zeichen. So saßen die Asen wieder beisammen und berieten was zu tun sei. Am Ende waren sich alle einig: Jedem Wesen und jedem Gegenstand sollte ein Eid abgenommen werden, auf dass sie Balder nicht verletzten oder schaden sollten. Jedem Wolf, jedem Riesen, jeder Waffe und jedem noch so kleinen Stein namen die Asen diesen Eid ab.
Von nun an sollte Balder unverwundbar sein. Die Götter schleuderten zur Belustigung ihre Waffen auf ihn. Odin warf seinen Speer Gungnir und Thor seinen großen Hammer Mjöllnir nach Balder, doch der Speer blieb vor Balder im Boden stecken und der Hammer verfehlte sein Ziel. Auch den göttlichen Waffen hatte man den Eid abgenommen.
Nun trat Loki, dem Balders neuer Übermut nicht gefiel, zu Frigg der Asin. Er hatte sich in eine alte Frau verwandelt und fragte Frigg, ob nicht doch noch eine Gefahr bestehe, die Balder töten könne.
Frigg sprach von einem kleinen Zweig dem sie keinen Eid abverlangt hatte. So machte sich Loki auf um den Zweig zu suchen. Als er ihn fand, brach er ihn ab und ging zurück. Die Asen trieben immer noch ihre Spiele. So ging Loki mit dem Zweig zu Höd, dem Blinden und fragte ihn, ob er nicht auch einmal werfen wolle. Er wolle ihm auch die Richtung weisen. Höd hatte nie wirkliche Ehre erworben also wollte er zeigen, dass auch in ihm etwas steckte. Er nahm den Zweig und warf ihn mit aller Kraft. Balder ging tot zu Boden.
Alle beweinten Balders tot und als sie nach den Tätern suchten fanden sie keinen der Beiden mehr. Loki und Höd hielten sich versteckt, wobei der Blinde nicht wusste was er getan hatte.
Odin war der Betroffenste und so trug er Balder mit den anderen Asen zum Schiff Hringhorni und bettete ihn dort. Hyrrokkin, der im Feuer Gerunzelte, wurde herbeigeholt, um das schwere Schiff in das Wasser zu schieben und so geschah es auch.
Nanna konnte nicht von ihrem toten Mann ablassen und so zerbarst ihr Herz. Sie wurde neben Balder gelegt und das Schiff entzündet. Thor weihte den Scheiterhaufen mit Mjöllnir und alle standen versammelt.
Ob Zwerge oder Alfen, ob Berg oder Frostriesen.
Einige Zeit später litt Frigg noch immer unter Balders Tod. So bestand sie darauf Hermod, einen weiteren Sohn Odins, in das Totenreich zu schicken. Dieser folgte ihrer Bitte und stand schon einige Tage später vor den Pforten. Er bat die Hel Balder freizugeben, doch diese ging nicht darauf ein. Bevor nicht alle Wesen der Welt um Balder geweint hätten, solle er bleiben. Also brachte Hermod die Nachricht zu den Asen und diese schickten Boten in alle Welt. Jedermann weinte um Balder, doch er wurde immer noch nicht freigegeben. Da sandten die Asen die Walküren aus, um zu sehen, ob jemand noch ohne Träne geblieben war. So fanden die Walküren eine alte Riesin in einer großen Höhle, deren Augen trocken waren. Sie fragten sie, warum sie nicht weine, da antwortete die Riesin: „Balder nutzte mir weder im Leben noch im Tod. Behalte Hel, was sie hat.“
Die Walküren brachten die Botschaft den Asen und berichteten, dass sie an den Augen der Riesin hatten erkennen können, dass es der verwandelte Loki gewesen war. Die Götter befragten Loki daraufhin, doch dieser bestritt alles. Aber die Asen glaubten ihm nicht und so war ihr Beziehung zu Loki gebrochen...
Als Ägir, der stürmische Meeresgott, ein Gelage für die Asen gab, tauchte der nicht geladene Loki auf, kränkte die Gäste (so bezeichnete er Heimdall als niederen Bediensteten und Freya als Hure) und erstach Firmafeng, der Diener des Gastgebers. Sein Hohn konnte erst durch eine Drohung Thors mit dem Hammer Mjöllnir beendet werden. Dies verschreckte Loki dermaßen, dass er versuchte als Lachs zu fliehen. Doch Odin sah von seinem Hochsitz aus diesen kümmerlichen Fluchtversuch und schickte einige der Asen los um Loki zu fangen. In seiner Wohnstatt sahen sie in der Asche der Feuerstelle die Abdrücke eines Netzes, an dem Loki gearbeitet hatte, es aber verbrannte um nicht den Göttern seine Verfolgung zu erleichtern. Dass Mittel war zwar zerstört, dafür hatte Thor (der Anführer der Expedition) einen Hinweis erhalten wonach er suchen musste. Während Loki mit einem Netz gefangen wurde, verwandelte man seinen Sohn Vali in einen Wolf der Lokis anderen Sohn und Valis Bruder Narvi in Stücke zerriss. Mit den Därmen Narvis band man Loki an einen Felsen und die eisige Skadi brachte über ihn eine Giftschlangen an, die beständig Gift auf sein Gesicht tropfen lies. Trotz allem hielt Lokis Weib Sigyn zu ihrem Mann und fing mit einer Schale das Gift auf. Doch selbst die größte Schale ist irgendwann voll und immer wenn Sigyn sie leerte, war Loki hilflos der Schlange ausgesetzt und wand sich vor Schmerzen, so dass die Erde erzitterte.
Es folgte das Zeitalter von „Axt und Schwert“ in dem Kriege und Grausamkeiten herrschten. Eine Zeit, in der Krieger das Meer befahren, Klöster überfallen und Mädchen schänden. Der Vater wird den Sohn töten (oder auch andersrum).
Darauf folgte das Zeitalter „von Wind und Wolf“, der 3jährige Fimbulwinter ohne Sommer aber mit frostigen Stürmen in dem Wolfsrudel die Welt durchstreifen und die wenigen Menschen die „Axt und Schwert“ überlebten zitternd in ihren Häusern hockten und auf das Ende der Welt warteten.
Schon einige Zeit vor Balders Tod hatte Odin bemerkt, dass der Kampf gegen die Weltfeinde und somit Ragnarök nicht mehr weit entfernt liegen konnte. Ihm schien das Heer der Einherjer nicht groß genug und so suchte er nach einer Lösung und er fand sie bei den Menschen in Midgard. Diese fristeten schon lange nicht mehr ihr frohes Dasein, sondern bekriegten sich untereinander, verschmutzten die Flüsse mit ihren Abfällen und, was am schwerwiegendsten war, sie vergaßen es, ihren Toten die Nägel zu schneiden. Und so wuchs und wuchs das Totenschiff Naglfar, das aus eben diesen Nägeln bestand, von Tag zu Tag. Mit diesem Schiff würden die Weltfeinde am Ende der Zeit gegen die Götter in den Krieg ziehen.
Odin also hatte beschlossen einen Dänen für sein Vorhaben auszusuchen und als eines Tages ein kinderloser dänischer König mit seiner Frau nach Uppsala, der großen Opferstätte, wanderte, um ein Kind zu erbitten, gewährte ihm Odin diesen Wunsch. Harald wurde geboren. Dieser war der Kräftigste seiner Generation und wurde bald schon König. Keiner konnte ihn besiegen und in seiner Gegenwart stumpften die Waffen der Gegner ab. Mit seinem riesigen Heer erzwang er den Frieden für 50 Jahre. Doch Odin setzte nun seinen Plan in die Tat um und schürte Unfrieden zwischen dem Heer der Dänen, unter Harald Kampfzahn (man nannte den Herrscher so, da ihm einst jemand zwei Zähne mit einem Holzknüppel ausschlug - Holz konnte ihn verwunden - und diese wieder nachwuchsen), und dem Heer der Schweden unter dem König Ring (Kampfzahn war sein Onkel). So zogen die beiden Herrscher gegeneinander in die Bravallaschlacht und Odin verhalf dem Heer der Schweden zum Sieg gegen den schon alten Harald. Das dänische Heer verlor 30.000 Krieger und das schwedische 12.000 Mannen. Eine solch große Zahl hatten die Tore Walhallas noch nie durchschritten und nun fühlte sich Odin gerüstet, um gegen seine Feinde zu bestehen.
Der Fimbulwinter zeigte allen die Nähe des Endkampfes und auch andere, grausige Ereignisse ließen die Menschen und Asen erschauern: Der Fenriswolf heult in der Nacht, Loki rasselt an seinen Ketten, sodass die Erde bebt und kein Zwerg mehr in seinen Höhlen sicher ist, das Heer der Toten wächst und wächst am Totenstrand und der Schwert- und Speerfluss führt Hochwasser, Niddhögg nagt an den mächtigsten Wurzeln der Weltenesche, die Hirsche verschlingen die Knospen Yggdrasills, deren Zweige schon mehr und mehr verdorren, die Sonne kann dem Wolf Sköll nur noch knapp entfliehen und die Midgardschlange verpestet mit ihrem Gifthauch große Landstriche und droht immer weiter an die Meeresoberfläche zu kommen. Plötzlich krähte Goldkamm, der Hahn der Asen und der russrote Hahn im Totenreich weckte die schlafenden Mörder. Kurz darauf packte Sköll die Sonne und alle Welt wurde in Nacht gehüllt. Auch der Wolf Hati erreichte den Mond und verschlang ihn. Daraufhin holte Heimdall Gjallarhorn aus dem Brunnen des Mimir und blies es so laut er nur konnte. Nun beriet sich Odin mit dem Kopf des Mimir, den er schon seit Urzeiten nach Rat fragte, wenn er keinen mehr wusste. Doch der Krieg war unabwendbar. So schickte Odin all seine Kämpfer aus den Toren Walhallas und alle mächtigen Asen zogen lautstark mit in den Kampf. Es dauerte nicht lange, da riss Loki so heftig an seinen Ketten, dass Berge zersplitterten, die Erde sich auftat und seine Fesseln zersprangen. So kam auch der Fenriswolf frei. Dieser rannte nun zum Schlachtfeld und sperrte sein Maul soweit auf, dass sein Unterkiefer die Erde berührt und sein Oberkiefer in den Himmel ragte. Feuer brannte in seinen Augen und Funken stoben aus seinen Nüstern.
Die Midgardschlange wälzte sich auf das Festland und spritzte soviel Gift wie noch nie. Das Meer eiterte und der Boden stank grausam. Durch ihre Bewegung wurde das Meer so aufgewühlt, dass eine Sturmflut entstand, auf der Naglfar, das Schiff aus den Nägeln der Toten, mit Loki als Steuermann herbeigefahren kam. Auch Garm der Hund, der den Eingang zum Totenreich bewachte, stürmt heran und durch die Vernichtung von Sonne und Mond irren die Sterne umher und stürzen auf das Land.
In dem Chaos spaltet sich der Himmel und Muspells Leute reiten heran. An ihrer Spitze der Feuerriese Surtr ...
Von allen Seiten stürmten die Elemente auf Midgard und die letzen Menschen dort starben.
Auf der Ebene Wigrid (etwa 700 km mal 700 km) traf der über die Brücke Bifröst kommende Heerwurm der Asen auf die lebensfeindlichen Kräfte und in Zweikämpfen sterben Götter und Riesen gleichermaßen. Der Fenriswolf verschlingt Odin, doch tritt dessen Sohn Vidar mit seinem mächtigen Schuh, der aus allen Lederresten der Weltgeschichte gefertigt wurde (man möge sich das mal durch den Kopf gehen lassen: alle jemals übriggelassene Lederstücke, der Schuh muss riesig gewesen sein und der Gott ziemlich lächerlich ausgesehen haben), ins weite Maul (man erinnere sich, der Unterkiefer konnte auf dem Erdboden aufliegen und trotzdem kitzelte die Nase das Firmament), bis tief in die Quelle, die dadurch zerreißt, stößt ihm das Schwert in den Leib und rächt so seinen Vater. Währenddessen zertrümmert Mjöllnir, von Thors mächtigem Arm geschwungen, den Schädel der Weltenschlange Jormungand. Zusammen mit ihrem Leben haucht sie auch einen giftigen Odem aus und reißt Thor mit ins Grab (das allerdings niemals gegraben wird). Auch der Höllenhund Garm und der einarmige Tyr töten sich gegenseitig, während Freyr, seines selbstständig kämpfenden Schwertes beraubt, dem Riesen Surtr unterliegt. Das letzte Duell findet zwischen den alten Rivalen Loki und Heimdall, dem Wächter von Bifröst, statt und auch diese Gegner hatten keine Gelegenheit über die Niederlage des anderen zu triumphieren. Zuletzt setzt Surtr Bifröst, Walhalla und alle 9 Welten in Brand und die wenigen noch lebenden dieser „göttlichen“ Schlacht werden von Flammen verzehrt.
Die Reste der Welt versinken im Meer.
Auch wenn viele Lebewesen der einen, alten Welt starben (wie zum Beispiel Surtr, der in seinem eigenen Feuersturm umkam; die Asen wie Thor und Odin und viele andere), so wird es doch Überlebende des Ragnaröks geben. Magni und Modi, die Söhne Thors und Vali und Vidar, die Söhne Odins werden hinter den höchsten Mauern Asgards versteckt und verschont bleiben. Einst wird sich die Erde dann ein zweites Mal aus den Tiefen des Meeres erheben und neu grünen. Wasser werden fließen und Berge empor wachsen.
Zudem wird Balder aus dem Reich der Toten wiederkehren und mit sich bringen wird er Höd, der wie wir wissen schuldlos war. Und wieso sollten nicht auch einige Riesen überlebt haben?
So werden die Zurückgekehrten mit den anderen Asen beratschlagen und eine neue Welt gestalten. Ohne Neid und ohne Hass. Sie werden zusammensitzen und über die Vergangenheit reden. Über Odin den tapferen Göttervater und sie werden Mjöllnir den Hammer Thors bergen und ihn wieder in vollem Glanze tragen. Zusammen sitzen sie am Tisch, auf den die Sonne scheint, die die alte kurz vor ihrem Niedergang gebar.
Und auch wenn es keiner vermutete, so hatten doch ein Mann und eine Frau in einem großen Tal überlebt. Dort wo der unzerstörbare Stumpf der Weltenesche Yggdrasill wurzelt, werden sie neue Kinder zeugen, die in Zukunft die neue Welt besiedeln würden.
Aber man wird zum Himmel blicken und eine Gestalt sehen. Und diese Gestalt wird Nidhögg, der Drache sein, der die Toten der Schlacht auf seinem Rücken hinfortfliegen wird. Hinter den großen Bergen wird er niedergehen...
Doch ist er verwundet und stirbt oder sammelt er seine Kräfte für einen neuen grausamen Kampf? Die Zukunft vermögen nicht einmal die Losstäbe der Götter vorherzusagen...